Was geschieht mit den Moerser Rathäusern?,
liebe Genossinnen und Genossen,
auf die hier so plakativ gestellte Frage, haben wir als Fraktion und auch ich persönlich heute noch keine Antwort.
Seitdem unser Bürgermeister Norbert Ballhaus der Debatte um die Zukunft der Verwaltungsgebäude mit einer Vorlage zur Ratssitzung am 02. Februar vergangenen Jahres und der Vorstellung der Idee der Verlagerung der Verwaltung in das Horten-Haus neuen Schwung verliehen hat, sind wir aber ein gutes Stück vorangekommen.
Im Folgenden möchte ich euch einen etwas gerafften Überblick über die Entwicklung und unseren heutigen Kenntnisstand geben. Ich denke, das ist dann eine gute Grundlage für eine Diskussion heute in der Jahreshauptversammlung.
In den vergangenen Jahren und man muss wohl sagen Jahrzehnten, ist die Instandhaltung der Moerser Verwaltungsgebäude völlig vernachlässigt worden. Hier geht es um Zeiträume und Dimensionen, dass wir nicht alles einem von 1999 bis 2004 amtierenden CDU-Bürgermeister anlasten können. Hier hat der gesamte Rat über viele Jahre schlicht die Augen zugedrückt.
Unredlich ist es allerdings, wenn der ehemalige CDU-Bürgermeister jetzt hingeht und in einem Interview mit einer Lokalzeitung den Eindruck erweckt, mit neuen Fenstern und ein paar Eimern Farbe wäre das Problem zu lösen. Wenn es denn so einfach ist, warum hat es dann Herr Hofmann in den fünf Jahren, in denen er im Chefsessel saß, nicht angepackt?
Die Antwort ist einfach: Herr Hofmann wusste es besser: Die Gutachten, die er selbst in Auftrag gegeben hat, bezifferten die Kosten für notwendigen Brandschutz und notwendige Grundsanierung in Altem Rathaus, Neuem Rathaus und VHS-Gebäude auf mehr als 33 Millionen Euro.
Es ist das Verdienst von Norbert Ballhaus, das Thema endlich angepackt zu haben. Aus dem Bergbau weiß unser Norbert, das Sicherheit höchste Priorität haben muss.
Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten viel über Sanierungskosten, mögliche Standorte für Neubauten und Finanzierungsmöglichkeiten in einer Kommune mit Haushaltssicherungskonzept geredet, es ist viel in den Zeitungen geschrieben worden.
Seit vier Tagen haben wir jetzt ein Gutachten der vom Rat beauftragten Beraterfirma PWC (PriceWaterhouseCoopers) auf dem Tisch liegen, dass uns die möglichen Wege und die mit diesen verbundenen Vorteile und Nachteile aufzeigt.
Lasst mich kurz darstellen, was PWC gemacht hat:
PWC hat errechnet, was es kostet,
a)Altes Rathaus mit Altem Finanzamt, Neues Rathaus mit Weißen Haus und VHS-Gebäude zu sanieren
b)ein neues Rathaus an einem beliebigen Ort neu zu bauen (unter der Bedingung, dass der Boden der Stadt gehört) und
c)Altes Rathaus mit Altem Finanzamt zu sanieren und ein kleineres neues Rathaus an einem beliebigen Ort neu zu bauen (unter der Bedingung, dass der Boden der Stadt gehört)
Für alle drei Alternativen hat PWC eine konventionelle Beschaffung (das heißt die Stadt baut selbst) und eine PPP-Variante (also ein Privater baut und die Stadt mietet die Häuser) berechnet.
Die Gutachter haben weiter untersucht, ob sich Private für das Projekt interessieren werden.
In diesem Punkt kommt PWC zu dem Ergebnis – ich zitiere: „… dass die branchenangehörigen Unternehmen das Projekt als marktgängig einstufen und einer Beteiligung mit großem Interesse entgegen sehen.“
Das ist ganz wichtig, weil PWC bei allen Alternativen, ob Neubau oder Sanierung der bestehenden Gebäude, zu dem Schluss kommt, dass das Mietmodell finanzielle Vorteile für die Stadt hat. Probleme für Kommunen in der Haushaltssicherung sehen die Gutachter nicht. Diese Frage wird die Verwaltung in Ruhe mit der Aufsichtsbehörde abarbeiten müssen.
Nun zu den konkreten Ergebnissen der drei Alternativen:
Wenn wir alle Gebäude sanieren kostet dass laut Gutachtern: 35,5 Millionen Euro.
Wir haben einen hohen logistischen Aufwand mit Umzügen etc. und hinterher immer noch alte Gebäude.
Wenn wir ein neues Rathaus bauen, kostet das laut Gutachten 23 Millionen Euro.
Dabei sind die jetzigen Verwaltungsgebäude noch vorhanden und die Flächen im Besitz der Stadt. Wenn sich beispielsweise das neue Rathaus gewinnbringend verkaufen lässt, würde das die Kosten senken.
Wenn wir das Alte Rathaus und das Alte Finanzamt als Verwaltungsgebäude erhalten und ein kleines zusätzliches Rathaus bauen, kostet das 28 Millionen Euro. Auch diese Summe ließe sich um Verkaufserlöse der Fläche Neues Rathaus mindern.
Hinzu kommt, dass laut PWC die laufenden Kosten bei einem Neubau deutlich geringer sind als bei einem Altbau. PWC rechnet (im PPP-Modell) mit einer jährlichen Haushaltsbelastung (für Baukosten einschließlich Betriebskosten) zwischen 2,3 Millionen Euro (Neubau) und 3,8 Millionen Euro (Komplettsanierung). Wenn die Stadt selbst baut liegen die jährlichen Kosten rund 15 Prozent also etwa 400 000 bis 500 000 Euro höher. Bei diesen Berechungen sind allerdings bei der Neubauvariante Verkaufserlöse einbezogen.
Bei all den Berechnungen gibt es vor allem zwei große Risiken:
1.Wir wissen nicht, ob und wenn ja zu welchem Preis sich beispielsweise das Neue Rathaus bzw. die Fläche des Neuen Rathauses verkaufen lässt.
2.Baugrunduntersuchungen sind nicht Aufgabe von PWC gewesen. Wir wissen also nur, dass Altes Rathaus und VHS-Gebäude eine Schiefstellung haben, PWC konstatiert aber schlicht ein „hohes Kostenrisiko bei der Gründungsertüchtigung“.
In der Diskussion der vergangenen Monate ist immer wieder die Frage aufgetaucht, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird die Stadtverwaltung der Zukunft haben und wie groß muss somit das Verwaltungsgebäude der Zukunft sein?
Diese Frage ist völlig bedeutungslos. Kein Mensch kann heute seriös beurteilen, welche Aufgaben eine Kommunalverwaltung in 5, 10 oder 25 Jahren haben wird – und über solche Zeiträume reden wir hier. Da spielen unabsehbare Entscheidungen von Bundes- und Landesbehörden hinein, es mag in 20 Jahren Problemstellungen geben, die wir heute noch nicht erahnen.
Wichtig ist deshalb einzig, egal für welche Variante wir uns entscheiden, dass die Verträge uns Spielraum lassen. Sprich: Wenn wir in 10 Jahren einen Teil des Gebäudes nicht mehr brauchen, muss auch sichergestellt sein, dass wir für diesen Bereich keine Miete zahlen müssen. Diese Flexibilität brauchen wir.
Es lasst sich also zusammenfassend feststellen:
1.Es besteht dringender Handlungsbedarf, wenn die Verwaltung nicht eines Tages in Containern auf dem Kastellplatz arbeiten soll, weil Norbert aus Sicherheitsgründen die Rathäuser dicht gemacht hat.
2.Aus wirtschaftlicher Sicht ist ein Neubau die günstigste und die Komplettsanierung der bestehenden Gebäude die teuerste Lösung.
3.Und das folgt aus 2: Wenn wir uns für eine Zwischenlösung entscheiden, also beispielsweise sagen, aus städtebaulichen Gründen wollen wir das Alte Rathaus erhalten, ist die Lösung mit möglichst wenig Altgebäuden und möglichst viel Neugebäude wirtschaftlich am sinnvollsten.
4.Belastbare Baugrunduntersuchungen liegen für kein Grundstück vor, nicht für den Bereich Altes Rathaus, nicht für den Bereich VHS und auch nicht für Mühlenstraße oder Neuer Wall.
5.Ein PPP-Modell ist etwa 15 Prozent günstiger, als wenn die Stadt selbst neu baut oder saniert.
Wie geht es jetzt weiter:
Am Mittwoch im Rat müssen wir entscheiden, ob wir PWC zum jetzigen Zeitpunkt Prüfaufträge geben wollen.
Im März wird die Thematik umfassend im Ausschuss für Stadtentwicklung diskutiert. Danach wird die Verwaltung eine Bürgerbeteiligung ansetzen. Denn die Frage, bauen wir neu, sanieren wir die alten Gebäude oder entscheiden wir uns für eine Zwischenlösung ist von so entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung der Innenstadt, dass wir uns nur für eine Variante entscheiden können, die auch von den Bürgerinnen und Bürgern, denn für die ist schließlich das Rathaus da, getragen wird.
Natürlich können wir jetzt hingehen und sagen, in unserer derzeitigen Haushaltslage kommt für uns nur die billigste Lösung in Frage, also bauen wir neu. Wenn aber die Bürgerinnen und Bürger – und das höre ich immer wieder – sehr am Alten Rathaus hängen, müssen wir mit ihnen auch offen darüber sprechen, ob ihnen der Erhalt beispielsweise 5 Millionen Euro zusätzlich wert ist.
Auch die Frage, wohin ein Neubau oder Teilneubau platziert werden könnte, ist in Ruhe mit allen Interessierten zu besprechen. Ist der Standort Mühlenstraße richtig? Ist die Parkpalette am Neuen Wall eine Alternative? Wie werden bei diesen Varianten die wegfallenden Parkplätze ersetzt? Kann man nur das Alte Finanzamt und den Übergang abreißen und zwischen Bücherei und Altem Rathaus ein neues Gebäude errichten?
Nach der Bürgerbeteiligung wird sich der Ausschuss für Stadtentwicklung mit der Diskussion zu beschäftigen haben und dem Rat eine Beschlussfassung empfehlen. Von unserem Bürgermeister ist angedacht, dass der Rat die Grundsatzentscheidung Sanierung, Neubau oder Mittelweg noch vor den Sommerferien fassen wird.
Soweit, liebe Genossinnen und Genossen, von mir heute eine Darstellung des aktuellen Sachstandes.