
Rathaus und Bildungszentrum, oft gestellte Fragen und ihre Antworten
Anlässlich der Eröffnung des Neuen Rathauses und angesichts der Finanzlage bei nicht genehmigtem Haushalt und drohender Überschuldung der Stadt Moers fragen sich manche, ob man die Kosten für den Bau nicht hätte sparen sollen oder müssen. Die ersten Untersuchungen liegen bereits acht Jahre zurück und die Auftragsvergabe fand 2009 statt. Auch in der Rückschau steht die SPD-Fraktion zur Entscheidung, das Alte Rathaus zu sanieren und das Neue Rathaus sowie das Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrum zu bauen, denn die Entscheidung war wirtschaftlich vernünftig und bleibt es auch für die Zukunft.
Warum mussten die Rathausgebäude saniert bzw. neugebaut werden?
Ausgangspunkte für die Diskussion um Sanierung und Neubau der Moerser Verwaltungsgebäude waren mehrere Problempunkte, die bei fast allen öffentlichen Gebäuden in Deutschland auftreten:
- Es bestand ein Sanierungsstau – jährliche Investitionen von 160.000 Euro in Wartung und Instandhaltung waren nicht zur Sanierung geeignet, sondern erhielten bestenfalls den unzureichenden Status Quo.
- Gefahrstoffe waren in den Rathausgebäuden verbaut und mussten bei Eingriffen aufwändig und kostenintensiv beseitigt werden.
- Die Arbeitsplatzrichtlinien wurden nicht eingehalten – bestehende Räume waren nicht als EDV-Arbeitsplätze konzipiert. Die Barrierefreiheit war größtenteils nur schwer bis gar nicht herstellbar.
- Der Energieverbrauch war zu hoch – die Energieschleudern Neues Rathaus und Zentralbibliothek wären auch durch Sanierung nicht wesentlich zu verbessern gewesen.
- Der Brandschutz musste in allen Gebäuden verbessert werden.
Die Aufnahme der Investitionskosten durch ein Moerser Ingenieurbüro noch vor der Kommunalwahl 2004 unter Bürgermeister Hofmann hat bei über 33 Mio. Euro gelegen und Bürgermeister Ballhaus und den Rat nach der Wahl im Jahre 2005 zur Beauftragung einer Wirtschaftlichkeitsstudie über einen Vergleich Sanierung oder Neubau geführt.
Dabei ist erst dem Bürgermeister und dann allen Fraktionen klar geworden, dass bei den Verwaltungsgebäuden zwingender Handlungsbedarf bestand, der sich nicht darin erschöpfte, mal ein paar Fenster zu streichen.
Wie ist der Kostenvergleich ausgegangen?
Ein Neubau auf der Mühlenstraße bei Abriss aller alten Gebäude war die kostengünstigste Variante, die Sanierung des Alten Rathauses kombiniert mit einem Neubau lag knapp darüber. Am teuersten war nach Gutachten die Sanierung aller Altgebäude. Bei der vom Rat im Jahre 2009 beschlossenen Vorgehensweise konnten die Provisorien minimiert werden. Da erst das Bildungszentrum gebaut wurde, konnte die Bibliothek in das neue fertige Gebäude ohne Zwischenlösung umziehen. Dann konnte das alte Gebäude abgerissen und an der Stelle der Neubau des Verwaltungsgebäudes hochgezogen werden. Bei einer Sanierung der Altgebäude geht die Kostenkalkulation davon aus, dass die Gebäude leergezogen werden, um sie sinnvollerweise in einem Zug sanieren zu können. Das heißt, es hätten für einige Jahre bestehende Gebäude oder Container in großer Zahl angemietet und hergerichtet werden müssen mit Millionenaufwand. So konnte die Verwaltung zum größten Teil im alten Gebäude am Schlosspark bis zur Fertigstellung des Neuen und des Alten Rathauses am Rathausplatz verbleiben. Eine Sanierung sämtlicher Altgebäude wäre nicht wirtschaftlicher, sondern teurer geworden.
Unter Einbeziehung der „Taskforce NRW“ der Landesregierung NRW wurde die Realisierung im Rahmen eines PPP-Modells empfohlen.
Wie ist die Bürgerschaft beteiligt worden und wie ist die Meinung der Bürger/innen in die Ratsbeschlüsse eingeflossen?
Die Ergebnisse des PWC (PriceWaterhouseCoopers)-Gutachtens sind breit öffentlich diskutiert worden: in einer Bürgerversammlung im Adolfinum, in Internet-Foren, in ausführlicher Berichterstattung der Lokalpresse, in Leserbriefen und in vielen Gesprächen in Vereinen, Parteien, Ausschüssen und Rat. Bei der Beteiligung der Bürgerschaft ist klar heraus gekommen, dass das Alte Rathaus als Sitz der Verwaltung erhalten bleiben soll. Damals ist man auf der Straße angesprochen worden, im Bekanntenkreis und in Vereinen mit der Botschaft, die auch schon in der Bürgerversammlung und in vielen Leserbriefen zum Ausdruck gekommen ist: Das Alte Rathaus gehört zu Moers und soll erhalten werden. Daraus hat der Rat die Konsequenz gezogen und die Varianten, die einen Abriss vorsahen, nicht weiterverfolgt.
Bei der zweijährigen öffentlichen Diskussion des Masterplans Moerskonzept Innenstadt ist erneut die Rathausfrage als ein Schwerpunkt in Workshops, Presse, Bürgerversammlung und Internet-Foren intensiv erörtert worden, die Ergebnisse sind ausgestellt und mit einem Faltblatt in allen Einrichtungen ausgelegt worden.
Die CDU wollte einen Neubau an der Mühlenstraße und die Zentralbibliothek erhalten. Wäre das nicht günstiger gewesen?
Die CDU ist bei der alten PWC-Variante Neubau aus dem Jahre 2006 stehengeblieben. Diese Variante mit einem Neubau auf der Mühlenstraße setzte den Abriss sowohl des Neuen als auch des Alten Rathauses voraus. Im Vergleich war der komplette Neubau auf der Mühlenstraße etwas günstiger als die Sanierung des Alten Rathauses ergänzt durch einen Neubau. Aber die CDU-Variante sah vor, einen Neubau für die Verwaltung auf der Mühlenstraße zu errichten und zusätzlich das Alte Rathaus zu sanieren, um Kultureinrichtungen unterzubringen. Welche Einrichtungen sollten denn das Gebäude füllen? Die Zentralbibliothek wollten sie im alten Gebäude lassen. Nur für die VHS ist das Alte Rathaus viel zu groß. Also die CDU wollte 1. einen Neubau für die Verwaltung auf der Mühlenstraße plus 2. Sanierung des Alten Rathauses bei nicht geklärter Nutzung plus 3. Sanierung der Zentralbibliothek plus 4. Verbleib der Ruine des Hallenbades an der Wilhelm-Schroeder-Straße.
Warum musste denn die Zentralbibliothek abgerissen werden?
Als Anfang 2007 klar wurde, dass nicht genügend Platz für das neue Verwaltungsgebäude zwischen Altem Rathaus und Zentralbibliothek war und der Neubau mindestens siebenstöckig ausgefallen wäre, musste entschieden werden, das Gebäude der Zentralbibliothek in die Planung einzubeziehen. Der geschätzte Sanierungsaufwand der ZB lag auf gleicher Höhe wie die Neubaukosten bei ca. 4 Mio. Euro. Damit war der nächste logische Schritt, den Neubau der ZB nicht auf gleicher Fläche, sonder aus wirtschaftlichen, inhaltlichen und stadtplanerischen Gründen auf der Wilhelm-Schroeder-Straße zu planen, dann gemeinsam mit der VHS, um Synergieeffekte zu erzielen.
Für wen stritten die Initiatoren des Bürgerbegehrens und die CDU eigentlich bei der Kampagne zum Erhalt des Gebäudes der Zentralbibliothek? Für die Nutzer nämlich nicht. Die Literarische Gesellschaft hatte erklärt, dass sie ein neues Gebäude an der Wilhelm-Schroeder-Straße bevorzuge. Beim alten Hanns-Dieter-Hüsch-Haus regnete es rein, es war eine Energieschleuder und ein zweimaliger Umzug bei ca. zweijährigem Verbleib in einem Provisorium während der Sanierung hätte weder den Nutzern noch den Beschäftigten gefallen und wäre den Büchern garantiert nicht gut bekommen.
Umstritten war auch die Frage der Finanzierung. Welche Vorteile hat eine PPP-Finanzierung?
Eine konventionelle Finanzierung in Eigenrealisierung hat den Nachteil, dass die Stadt die komplette Investition über den Haushalt finanzieren muss und sämtliche Risiken bei der Stadt liegen. Die Einbeziehung eines privaten Partners in einer privat-öffentlichen Partnerschaft verteilt die Risiken und gibt der Stadt Planungssicherheit. Public-Private-Partnership ist erst ab einer Größenordnung von mindestens 20 Mio. Euro Investitionssumme sinnvoll. Der Private sichert Bau nach städtischen Vorgaben, Betrieb und Instandhaltung zu. Da der Investor anschließend das Gebäude zu vereinbarten Kosten über 23 Jahre betreiben muss, hat er ein hohes Eigeninteresse, den Bau schnell, ohne Mängel und energiesparend zu verwirklichen. Die Stadt zahlt jedes Jahr eine feste Miete. Nach 23 Jahren fällt das Gebäude an die Stadt zurück – in vertraglich vereinbartem tadellosem Zustand. Insgesamt ist PPP für die Stadt kostengünstiger.
Wie teuer war denn jetzt die tatsächliche Umsetzung?
Das Investitionsvolumen betrug gesamt 72,3 Mio. Euro (davon Rathaus: 50,5 Mio. Euro). Wenn die Finanzierungskosten hinzugenommen werden, ergibt sich über die gesamte Laufzeit ein Betrag von ca. 150 Mio. Euro. Die reine Sanierung aller bestehenden Gebäude wäre teurer geworden. Die monatlichen Zahlungen für das Rathaus betragen 355.000 Euro, davon entfallen 276.000 Euro auf Kapitalkosten und 79.000 Euro auf Betriebskosten. Für das Bildungszentrum kommen noch mal 157.000 Euro Kosten monatlich hinzu (123.000 Euro Kapital- und 34.000 Euro Betriebskosten), also zusammen 512.000 Euro. In dem Gesamtbetrag sind enthalten die Sanierung des Alten Rathauses, der Bau des neuen Rathausgebäudes und der Betrieb über 23 Jahre. Die Kosten setzen sich also zusammen aus Zinsen und Tilgung, Instandhaltung, Instandsetzung, Schönheitsreparaturen, Heiz- und Energiekosten, Wasser/Abwasser, Reinigung der Gebäude und Bereitstellung eines technischen Hausmeisters sowie Pflege der Außen- und Grünanlagen. Außerdem sind in der Gesamtfinanzierung u.a. die Möblierung und die Herstellung der Außenanlagen inklusive Wiederherstellung des Ravelins an der Brücke zum Nordring enthalten. Die Gebäude gehören wirtschaftlich der Stadt und sind nach 23 Jahren bezahlt. Nach 23 Jahren übergibt Hochtief an die Stadt Moers die Gebäude in saniertem Zustand.
Wie lautet das Fazit?
Wir haben eine Realisierung, die gut in die Stadtentwicklung passt. Wir haben 1. als dauerhafte Lösung das Verwaltungsgebäude zentral an der Unterwallstraße bei Sanierung des Alten Rathauses unter Beachtung des Denkmalschutzes und einen Neubau rechts vom Alten Rathaus. Wir nutzen 2. ein Bildungszentrum für die VHS, die Bibliothek, das Archiv und das Kulturbüro und beseitigten damit gleichzeitig die alte Hallenbad-Ruine. Wir ermöglichen 3. an der Trotzburgkreuzung den Brückenschlag der Wall- und Grabenanlage, die vom Nordring zum Ostring wieder sichtbar werden kann. Und 4. vermarkten wir das alte Rathausgebäude am Schlosspark und ermöglichen die Ansiedlung von Wohnbebauung. Damit können wir wesentliche Bausteine des Masterplans Moerskonzept Innenstadt verwirklichen. Die von der Mehrheit des Rates aus SPD, Grünen, FDP und FBG und dem Bürgermeister Norbert Ballhaus beschlossene Lösung ist wirtschaftlich, bürgernah, ermöglicht eine dienstleistungsorientierte effiziente Verwaltung, gibt der Stadtentwicklung am Schlosspark und der Wallanlage positive Impulse, fördert das kulturelle Profil der Stadt und entspricht dem Bürgerwillen. Zu diesem Konzept steht die SPD.